In der Corona-Krise hatten viele Zeit zur Muße lang gehegte Projekte anzugehen. Unsere Autorin Marina Friedt träumt seit Jahren davon Kreatives aus den Kittelschürzen ihrer Großmutter und Großtante zu produzieren. Rechtzeitig zum Sommeranfang startet die St. Georgerin mit ihrer kreativen Kittelschürzen-Kleiderkollektion - mit Maske. Wir sprachen mit der freien Journalistin über ihr Herzensprojekt.
Wie bist du auf die Idee gekommen?
Für die im Rheinischen üblichen Traueranzeigen mit einem Bild der Verstorbenen wählte ich 2013 intuitiv ein Foto aus richtig guten Zeiten, auf dem die geborene Bäuerin eine knallblaue Kittelschürze trug. Eine befreundete Glaskünstlerin, die aus Hamburg in den Hunsrück gezogen war, schrieb mir: "Liebe Marina, schönes Bild von Tante Ilse. Ein Hoch auf die Kittelschürze!" und plötzlich blitzte diese Idee auf: Warum diese tollen Stoffe nicht zu chicken Kleidern verarbeiten? Für den Alltagsgebrauch und die Party!
Wo hast du denn diesen Kleider-Schatz her?
Aus meiner Heimat, dem Hunsrück. Einen Tag ohne Kittelschürze, den gab es dort für die Bauersfrauen praktisch nicht. Für jede Gelegenheit wurde ein akkurat gebügeltes Exemplar aus dem ordentlichen Stapel im Kleiderschrank gewählt. Zum Melken, zum Kochen, zum Marmelade-Einkochen. Für Geburtstage, Jubiläen und Beerdigungen wählten die beschäftigten Frauen eine weiße Schürze. Bei der Auflösung der beiden Höfe meiner verstorbenen Großmutter und Großtante packte ich die Kittelschürzen in meinen kleinen Fiat und brachte sie nach Hamburg. Die ersten Entwürfe machte Christina Schelhorn von Redesign, doch sie arbeitet nicht mehr im Modebereich und so startete ich allein durch.
Inwieweit hat die Corona-Krise dich bei diesem Projekt beflügelt?
Durch den Wegfall von Recherche-Reisen und journalistischen Aufträgen hatte ich die Zeit und fand einen Raum. Eine befreundete Friseurin konnte ihren Friseursalon in der Lindenstraße wegen der Corona-Beschränkungen bis Anfang Mai nicht nutzen. Also rief ich sie an und fragte, ob ich den Salon in der Zwischenzeit nutzen könnte. Schon am nächsten Tag übergab mir ein netter Hausmeister den Schlüssel und so konnte ich mich kreativ ausleben und das gesamte Sortiment waschen, bügeln und sortieren - wenn das meine Oma erlebt hätte!Wieviele Kittelschürzen hast du denn?
Insgesamt sind es rund 70 - ganz klassische Vollschürzen und dann halbe mit und ohne „Lätzchen“. Alle sind aus Baumwolle - und so lange getragen und auch so oft gewaschen, dass es für potentielle Allergiker eine Freude ist sie auf der Haut zu tragen. Es gibt einfarbige, bunte und es sind auch von Hand bestickte dabei.
Gibt es eine besondere Herausforderung?
Ja, beim Bügeln ist mir dann auch aufgefallen, dass es nur wenige mit dem gleichen Schnitt als Vorlage gibt. Alle sind sehr verschieden, das macht es vielfältig, aber auch etwas aufwendiger die Stoffe zu kombinieren - und wenn die Schere einmal gesetzt ist, dann ist der Schnitt gemacht. Daher ist es wichtig vorher genau zu planen welcher Stoff wo und wie eingesetzt wird und für welche Kleidermaße. Die ersten Modelle setzen sich aus unterschiedlichen Original-Kittelschürzen zusammen, das ist wie die HamburgerInnen sagen: "figelinsch".
Ist es in einer Krisen-Zeit gut ein Handwerk gelernt zu haben?
In einer Krisen-Zeit ein zweites Standbein zu haben, ist immer gut. Als freie Journalistin muss ich sehen wie ich nun über die Runden komme. Leider kann ich selber nicht gut nähen, sondern habe nur die kreativen Ideen und bringe die Stoffe mit den Maßen der Kundin zum Schneider. Reza von PR-Moden in der Lindenstraße, direkt gegenüber von dem kreativen Salon, also alles um die Ecke.
Wann ist für dich das Projekt gut gelaufen?
Reich werde ich mit dieser kreativen Nebenbeschäftigung nicht werden, aber es wäre schön, wenn bis zum Ende des Sommers alle Stoffe verarbeitet wären und ich viele Trägerinnen, die auf individuelle, nachhaltige Kleider wert legen, glücklich gemacht hätte.
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Die Bestellung erfolgt über Video-Chat oder persönlich vor Ort.
Fotos: Jenny Ulrich / Montage Sönke Wildt; Marina Friedt